03. April 2020

SBB News - Information für PRs

Personalratsarbeit ist im Geltungsbereich des Sächsischen Personalvertretungsgesetz rechtlich weiterhin möglich

Die aktuelle Lage ist angespannt. Täglich erhalten wir neue Meldungen zur Corona-Pandemie. Der Personalrat ist besonders gefordert, die Fragen der Beschäftigten einer Lösung zuzuführen und Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz zu fordern.

 

Neben all den allgemeingültigen Informationen und Regelungen gab es am 20.03.2020 eine Erklärung von Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil speziell für Betriebsräte. Darin wies er auf die Möglichkeit von Betriebsratssitzungen via Telefon- oder Videokonferenz hin. „Der Normalfall ist, dass die Betriebsratsmitglieder zu einer Sitzung zusammenkommen; die Nutzung von Video- oder Telefonkonferenzen ist nicht explizit im Betriebsverfassungsge-setz vorgesehen. Von einem solchen Normalfall können wir hier jedoch nicht sprechen, denn wir haben es mit einer Ausnahmesituation zu tun. Wir sind daher der Meinung, dass in der aktuellen Lage, wenn beispielsweise die Teilnahme an einer Präsenzsitzung zu Gefahren für das Leben oder die Gesundheit der Betriebsratsmitglieder führt oder wegen behördlicher Anordnungen nicht möglich ist, auch die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz einschließlich online gestützter Anwendungen wie WebEx Meetings oder Skype, zulässig ist. Dies gilt sowohl für die Zuschaltung einzelner Betriebsratsmitglieder als auch eine virtuelle Betriebsratssitzung.“

Diese Regelung ist nach unserer Auffassung auch auf das Anwendungsgebiet des SächsPersVG übertragbar, wobei in jedem Fall die Durchführung der Sitzung nicht öffentlich ist.

Vermeidung von Gruppenansammlungen, Mindestabstand von 1,5 Meter, Quarantäne – die Arbeitswelt steht aufgrund der Pandemie nicht nur wirtschaftlich vor einer großen Herausforderung. So stellt sich zum Beispiel bei vielen Personalräten nun die Frage, wie wichtige Beschlüsse gefasst werden können, wenn Personalratssitzungen so nicht mehr oder nur unter sehr hohem Aufwand möglich sind.

Der SBB Beamtenbund und Tarifunion Sachsen verweist auf § 35 Abs. 5 SächsPersVG. Hier wird die Möglichkeit von Umlaufbeschlüssen eröffnet. Eine weitere Möglichkeit besteht in einer Verlängerung der Frist, dies ist nach § 79 Abs. 2 Satz 4 SächsPersVG möglich und bei verschiebbaren Angelegenheiten gemeinsam mit der jeweiligen Dienststelle möglich.

Der Personalrat und die Stufenvertretungen können sich darauf verständigen, aktuell nur Beschlüsse im Umlaufverfahren zu starten. Dazu ist ein Beschluss im Rahmen einer Geschäftsordnung notwendig. In der aktuellen Lage wird von verschiedenen Experten die Meinung vertreten, dass dieser Beschluss schon in einem Umlaufverfahren getroffen werden kann.

Beispielsweise kann nachfolgender Wortlaut in die Geschäftsordnung des Personalrates aufgenommen werden: „Im Ausnahmefall kann ein Beschluss auch außerhalb einer Sitzung im Umlaufverfahren gefasst werden, sofern kein Mitglied des Personalrats diesem Verfahren widerspricht.“

Dies bedeutet in der praktischen Anwendung ein Vorverfahren, mit dem Ziel der Vorbereitung der Erörterung ggf. Video- oder Telefonkonferenz - Welche Fragen soll die Dienststelle zum Sachverhalt beantworten? (Hier erfolgt eine Beteiligung der Frauenbeauftragten, Schwerbehindertenvertreter und ggf. JAV.) Diese werden der Dienststelle mit einer kurzen Frist übermittelt. Antworten und ggf. Stellungnahmen der Vertretungen werden mit dem Beschlussvorschlag allen übermittelt.

Dann erfolgt ein zweigeteilter Beschluss mittels eines Formblattes unter Einbeziehung der Vertretungen (Der Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Schwerbehindertenvertretung sind mit der Einleitung des Umlaufverfahrens der Beschlusstenor und die übersandten Entscheidungsgrundlagen zu übermitteln. § 35 Abs.5 Satz 2 SächsPersVG).

1. Ich stimme dem Umlaufverfahren zu. "Ja" oder "Nein"

2. Beschluss "ich stimme zu", "ich stimme nicht zu" oder "ich enthalte mich"

Abschließend ist eine Niederschrift für den Umlaufbeschluss zu fertigen und die Vormerkung für die Bekanntgabe in der nächsten Personalratssitzung sicherzustellen. Wenn längere Zeit keine reguläre Personalratssitzung stattfindet, sollte die Bekanntgabe der Niederschrift kurzfristig erfolgen, um ggf. von den Rechten nach § 40 SächsPersVG Gebrauch machen zu können.

Weitere Regelungen über Fristen liegen im Ermessen des Vorsitzenden oder können in einer speziellen Regelung zu Umlaufbeschlüssen in der Geschäftsordnung nach § 43 SächsPersVG einstimmig beschlossen werden. Je nach Art und Umfang der Beteiligungsangelegenheit sollte eine angemessene Frist festgelegt werden. Da eine digitale Übermittlung erfolgt, gehen wir von einer kürzeren Frist aus – Vorverfahren 3 Tage und Abstimmung ebenfalls 2 bis 3 Tage.

Bei Abwesenheit (Urlaub, Dienstbefreiung, Freistellung zum Abbau von Überstunden, Krankheit, Fortbildung und Dienstreise) ist dies dem Vorsitzenden unverzüglich mitzuteilen. Personalratsmitglieder, die vom Gesundheitsamt aufgrund Kontaktes zu einer infizierten Person zwar unter Quarantäne gestellt wurden, aber selbst nicht krank sind und an ihrem Aufenthaltsort über die nötigen Arbeitsmittel einschließlich IuK-Technik verfügen, können arbeiten und sind daher auch für Personalratstätigkeit nicht verhindert. Entsprechendes gilt unter den beschriebenen Bedingungen für Personalratsmitglieder, die vom Arbeitgeber wegen Kontaktes zu einer infizierten Person von der Arbeit freigestellt werden.

Nicht abgegebene Stimmen oder nicht rechtzeitig vorliegende Abstimmungsmitteilungen gehen als nicht teilgenommen an der Abstimmung ein (vergleichbar mit dem Verlassen des Sitzungsraumes).

André Ficker
Vorsitzender der GK Mitbestimmung