Neubeginn SBB Beamtenbund und Tarifunion Sachsen

Inzwischen hört es sich fast abenteuerlich an: Es war eine Gründungsgeschichte mit anfänglich ungewissem Ausgang. Am Anfang stand eine Kontaktadresse. Der Berliner Handwerker K. Reimann hatte ab Dezember 1989 eine Kontaktanzeige in der DDR-Tageszeitung „Neues Deutschland“ veröffentlicht und sein Postfach zur Verfügung gestellt. Eine Initiative rief dazu auf, in der DDR das Beamtenverhältnis einzuführen und einen Beamtenbund zu gründen.

Aus hunderten Zuschriften aus allen Verwaltungen der DDR gab es auch Reaktionen aus dem damaligen Karl-Marx-Stadt. Zu einem ersten Gespräch mit dem Initiator des Aufrufes Helmut Dähnicke reiste noch im Januar 1990 Dieter Köhler nach Berlin in das Volksbildungsministerium der DDR. Es war schon ein merkwürdiges Gefühl – ein konspiratives Treffen in den Räumen der Margot Honecker. Es wurde die Absicht einer Gründung des Beamtenbundes  besprochen und Kontaktadressen ausgetauscht.

Vier Vertreter aus Sachsen, Werner Meier, Armin Nitzsch, Roland Noebel und Dieter Köhler, trafen sich am 24. Februar 1990 in Berlin zum Gründungskongress des Interessenverbandes „Beamtenbund der DDR“. Im kreisrunden, nüchternen und schmucklosen Saal der Kongresshalle am Alexanderplatz, bei Hackepeter- und Käseschnitten für 2 Mark der DDR, bei Rauchverbot, sehr wenigen Papieren und 500 Teilnehmern wurde der IBB aus der Taufe gehoben. Nach der Rede des damaligen DBB-Vorsitzenden Werner Hagedorn war allen klar, wir gehen im „aufrechten Gang“ in eine gemeinsame Zukunft.[1]

Helmut Dähnicke wurde Vorsitzender des Geschäftsführenden Hauptvorstandes des Interessenverbandes Beamtenbund (IBB) der DDR. Er hatte seinen Sitz in der Niederwallstraße 1 – 5, DDR Berlin 1080. Der IBB bemühte sich über den Ministerpräsidenten der DDR Lothar de Maiziére und den DDR-Innenminister Diestel, das Berufsbeamtentum einzuführen. Dies war zu dieser Zeit erfolglos, wenn auch nicht hoffnungslos. Die beiden deutschen Regierungen standen unter Zeitdruck, der aus der DDR kam. Massenweise Flucht und der Wunsch nach einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion standen nach der friedlichen Revolution, die unter dem Slogan „Wir sind das Volk“ verlief, auf der Tagesordnung. Dazu entwickelte sich noch ein weiteres Problem: die ehemaligen Stasi-Angehörigen des alten Unrechtssystems waren zur Verantwortung zu ziehen. Da war noch wenig Zeit für den Gedanken des Berufsbeamtentums.

Zurückgekehrt nach Karl-Marx-Stadt/Chemnitz bildete sich um Werner Meier ein Geschäftsführender Regional-Vorstand Sachsen des IBB. Die ersten Geschäftsräume wurden in der Karl-Marx-Allee 12 (ehemalige SED-Bezirksleitung Karl-Marx-Stadt/heute OFD Chemnitz, Brückenstraße) angemietet und ein Beratungsvertrag mit Rechtsanwalt Sträßer geschlossen. Kontakte wurden geknüpft. Verbindungen zu Verbänden und Gewerkschaften wurden hergestellt, um fähig und mächtig für den nächsten Schritt zu sein, Spitzenorganisation für den öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen zu werden.

Vier Monate nach seiner Gründung als IBB hat sich am 24. Juni 1990 in Ost-Berlin der Gewerkschaftsverband Beamtenbund (GBB) der DDR konstituiert und mit einem einstimmigen Beschluss das Signal für die Vereinigung mit dem DBB noch für das Jahr 1990 gesetzt. 231 Delegierte, darunter wieder die Gründungsmannschaft aus Chemnitz und die ersten sächsischen Vertreter von Fachorganisationen, bereiteten den Beitritt des GBB als Landesbund DDR in den DBB vor. Neue Ziele erschienen: Neben der Einführung des Berufsbeamtentums wurden Personalratswahlen in der DDR und eine jährliche Einkommensanpassung von 30 Prozent gefordert.[2]

Am 25. August 1990 wurde unter Leitung von Werner Meier der Sächsische Beamtenbund (SBB) als Landesorganisation des GBB, vorläufiger Sitz in Chemnitz, mit einem Gründungskongress durch 20 Verbände ins Leben gerufen.

Eine Woche vor der deutschen Einheit am 3. Oktober hat der DBB am 25. September 1990 in Berlin mit dem Beitritt des GBB der DDR eine erste gemeinsame deutsche gewerkschaftliche Spitzenorganisation für den Öffentlichen Dienst vollzogen. In der Sitzung des SBB im GBB am 5. Oktober 1990 wurde beschlossen, die Bezirksvorstände Leipzig, Dresden und Chemnitz des GBB in Regionalausschüsse des SBB im GBB umzuwandeln. Zugleich wurde die Mitgliederwerbung auf die Tagesordnung gesetzt.

Wesentliche Arbeitsinhalte des Vorstandes wurden der massive Stellenabbau, die Kündigungswelle im öffentlichen Dienst nach dem Ende der DDR und der Aufbau der neuen Verwaltung. Es folgten bis zum März 1991 zahllose Fahrten nach Bonn und Königswinter, nach Leipzig, Dresden und Berlin, viele Gespräche mit den neuen Verantwortlichen und künftigen Mitgliedern, mehrere Kontakte zu Verbänden und Gewerkschaften.

Höhepunkte waren der erste „Parlamentarische Abend des SBB im GBB“ am 21. 01. 1991 im Dresdener „Hotel Bellevue“ und ein am 21. Februar 1991 in Dresden durchgeführter Meinungsaustausch mit Abgeordneten des Sächsischen Landtages. Zu diesem Gespräch begrüßte der SBB im GBB die Bundesleitung des DBB.

Der DBB half umfangreich. Es galt, die Urversammlung zur Vorbereitung des Gründungsvertretertages des SBB durchzuführen. Der stellvertretende DBB-Bundesvorsitzende Karl Klein  gab seine Unterstützung. Auf dieser Urversammlung am 09. März 1991 in Chemnitz beschlossen 19 Gewerkschaften und Verbände, den SBB als Landesbund des DBB zu gründen. Gäste dieser Urversammlung waren damals u.a. Frau Wildfeuer DStG, Herr Krämer BSBD, Herr Schell GDL und Herr Ebert VBE.

Der Vorstand des GBB unter Leitung von Helmut Dähnicke und Dr. Matthias Renger traf am 27. März 1991 gemeinsam mit den Chemnitzern die Vorbereitung zur Abwicklung des SBB im GBB.

Als zweiter DBB-Landesbund im Osten nach Mecklenburg-Vorpommern (16.03.1991) hat sich am 06. April 1991 in Dresden der Sächsische Beamtenbund SBB als Landesbund des DBB konstituiert.

Rund 150 Delegierte aus 26 Mitgliedsgewerkschaften des Gründungsgewerkschaftstages begrüßten unter der Tagesleitung von Karl Klein den damaligen Staatsminister des Innern und stellvertretenden Ministerpräsidenten des Freistaats Sachsen Rudolf Krause. Die Delegierten forderten zum 1. Juli 1991 die tarifliche Anpassung der Einkommen an das Westniveau auf 60 Prozent. Zugleich wurde der Freistaat Sachsen gefordert, mit der Verbeamtung zu beginnen.

Die erste Geschäftsstelle des SBB öffnete im Juli 1991 in der Zwickauer Straße 86 in 8027 Dresden. Wenn auch die Räumlichkeiten sehr beengt waren und der bauliche Zustand einer Ruine nahe kam, so war doch die Arbeitsfähigkeit in der Landeshauptstadt Dresden gegeben. Die erste Angestellte, als Leiterin der Schwerpunktgeschäftsstelle Sachsen des DBB war Petra Uhlig, die bis 2015 noch die Geschäfte des SBB führte. Über eine Ausschreibung des DBB wurde ein/e Geschäftsführer/in für den SBB gesucht und gefunden. Nach vielen Bewerbungsgesprächen im Hotel Bellevue in Dresden fiel die Wahl auf Petra Uhlig.

 

In Dresden wird am 12. Mai 1992 das DBB-Haus feierlich eingeweiht. Das von Grund auf sanierte und modernisierte Bürohaus ist unter anderem mit moderner Computertechnologie ausgestattet und mit dem DBB-Haus in Bonn "direkt verbunden".

Eröffnung des neuen Geschäftshauses (PDF)
Der SBB von 1992 bis 2001 (PDF)


[1] Der Beamtenbund Heft 4/April 1990

[2] Der Beamtenbund Heft 7/8, Juli/August 1990

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